Integration - Chance oder Risiko?
Der Zustrom von Flüchtlingen aus den Krisenregionen dieser Welt stelle unsere Gesellschaft vor große, auch politische Herausforderungen. Neben der Sicherung der Grundbedürfnisse sei die Integration dieser Menschen von großer Bedeutung, nicht zuletzt für den sozialen Frieden.
Zu Beginn gab Prof. Dr. Paul-Ludwig Weihnacht einen geistlichen Impuls zum Thema "Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen". Barmherzigkeit sei eine Beziehung von Mensch zu Mensch; ihre körperlichen und geistigen Werke seien zunächst persönliche Werke, keine kollektiven Leistungen. Auch Politiker sollten als Privatleute Barmherzigkeit üben. Als Inhaber eines öffentlichen Amtes trügen sie darüber hinaus Verantwortung für Volk und Staat. Daraus resultiere die Verpflichtung für nachhaltigen Schutz des kollektiven Eigentums, das vom Volk über Generationen aufgebaut wurde.
Zur Kernfrage, wie Integration gelingen könne, gab der emeritierte Politologe Weinacht eine differenzierte Antwort. Die Not von hunderttausenden von Flüchtlingen lasse sich politisch nicht durch Barmherzigkeit beantworten, sondern verlange politische Steuerung im Blick auf eine quantitative Obergrenze des Zuzugs. Jenseits einer Million von Zuwanderern nach Deutschland verschwinde die Möglichkeit, allen Flüchtlingen die notwendige Hilfe zur Integration anzubieten. Integration zu fordern sei das Recht des aufnehmenden Staates und die Pflicht des Einwanderers. Eindringlich warnte Weinacht bei der Unterbringung von Flüchtlingen vor einer Ghettobildung: "Integration darf nicht durch Eingliederung von Flüchtlingen in Wohnbezirke, in denen er die ethnischen, sprachlichen und religiösen Verhältnisse des Heimatlandes vorfindet, umgangen werden."
Kritisch betrachtete er auch das Qualifikationsniveau vieler Zuwanderer. Je fremder der Kulturkreis und je geringer die Qualifikation des Einwanderers, desto umfangreicher und aufwendiger seien die Hilfsmaßnahmen zu seiner Integration. Gute Integrationserfolge, die sich für eine Planung von Integration als good practice empfehlen, würden aus Schulen und Universitäten berichtet, in denen Flüchtlinge sind, die gute sprachliche Voraussetzungen mitbrächten, in ihren Heimatländern vergleichbare schulische Standards vorgefunden hätten, an die sie anschließen könnten, die gut mitarbeiteten und die Möglichkeit zum Anschluss an einheimische Mitschüler oder Kommilitonen nutzten.
Als weitere Beispiele gelingender Integration nannte er Angebote zur Betreuung unbegleiteter Jugendlicher in Freizeit, bei Behördengängen, bei Hausaufgaben, während des Unterrichts sowie bei der Einführung in die Handwerkerlehre. Der entspannte Umgang innerhalb von multinationalen Kommunikationsgruppen erleichtere die Integration im Hinblick auf Sprache und Umgangsformen. Durch misslingende Integration allerdings entstünden kulturelle Trennlinien zwischen Deutschen und ghettoisierten Ausländern. Dabei bestehe die Gefahr, dass sich kulturelle und soziale Konflikte verschärfen.
Oberregierungsrat Dr. Alexander Warkotsch von der Stabsstelle Asyl bei der Regierung von Unterfranken sprach über die Herausforderungen für Staat und Kommunen. Die Dynamik des Zugangs sei nach wie vor hoch. Man rechne für 2016 mit 630.000 Flüchtlingen,die nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesrepublik verteilt würden. Die Aufnahmeeinrichtung in Schweinfurt habe im vergangenen Jahr 16.521 Asylbewerber beherbergt, wobei Syrer und Afghanen die größte Gruppen bildeten. Zwischen beiden Gruppen käme es bisweilen zu Konflikten, die in Stammes- und Religionszugehörigkeit begründet seien. Die größten integrationspolitischen Herausforderungen seien Schaffung von Wohnraum, gezielte Sprachförderung und die frühzeitige Vermittlung unserer Rechts- und Werteordnung. Hinzu komme ein Mehr an Bildungsangeboten für Flüchtlinge und die frühzeitige Einbindung in den Arbeitsmarkt.
Polizeihauptkommissar Toni Schlereth von der Polizeiinpektion Schweinfurt gab eine Einschätzung zur inneren Sicherheit und berichtete aus dem Alltag der Flüchtlinge in den Erst- und Gemeinschaftsunterkünften. Weil Polizei in der Krisengebieten oft im Zusammenhang mit Gewalt erlebt wurde, sei es wichtig, dass die deutsche Polizei als freundlich wahrgenommen würde. Die Rivalitäten zwischen den Ethnien konnte Schlereth bestätigen. Allerdings läge die Kriminalität bei den Flüchtlingen definitiv unter dem Bundesdurchschnitt. Anderslautende Berichte in den sozialen Medien seien frei erfunden.
Stefan Seufert, Asylkoordinator am Landratsamt Bad Kissingen, berichtete zur aktuellen Situation der Asylbewerber am Beispiel des Landkreises Bad Kissingen. Dabei würdigte er die hervorragende engagierte Arbeit der Ehrenamtlichen. Sie seien wichtig für die Sprachbildung der Flüchtlinge und leisteten Hilfestellung bei Behördengängen und Wohnungssuche. Die Mitarbeit in Feuerwehr und Sportvereinen bezeichnete Seufert als die beste Möglichkeit zur Integration und resümierte: "Ohne Ehrenamtliche ist die Integration der Flüchtlinge nicht zu bewältigen." Auch das finanzielle und personelle Engagement der Caritas sei hervorzuheben. Sie stelle Flüchtlingshelfer ein, die direkt in den Unterkünften eine gute Arbeit leisteten.
Eduard Lintner, MdB a.D. und Vorsitzender der Senioren Union im Bezirk Unterfranken freute sich über das rege Interesse der Mitglieder der Seniorenunion aus ganz Unterfranken an der Thematik „Integration“, zumal man davon ausgehen müsse, dass Zigtausende auf Dauer in Deutschland bleiben werden. Die Devise lautet daher, „wir müssen das schaffen“, wenn in Deutschland nicht Parallelgesellschaften oder gar „no go areas“ entstehen sollen.
Aber angesichts der großen Herausforderungen, die unser Volk seit 1945 gemeistert hat – wie das „deutsche Wirtschaftswunder“, die Etablierung einer stabilen Demokratie, die Wiedereingliederung in die westliche Staatengemeinschaft, die Einigung Europas, die Wiedervereinigung Deutschlands und die Überwindung der Teilung in Ost und West, muss uns vor der neuen gewaltigen Aufgabe der Eingliederung so vieler Flüchtlinge nicht bange sein.
Dabei waren sich die Teilnehmer einig, dass vor allem der innere Zusammenhalt und gemeinsame Anstrengungen für den Erfolg unverzichtbar sind.