Nachhaltiges Handeln in kirchlichen Tagungshäusern
Mehr regionale, fair gehandelte, sozialverträglich produzierte, biologische und nachhaltige Produkte wollen die Tagungshäuser des Bistums Würzburg in Zukunft verwenden. Domkapitular Dr. Helmut Gabel, Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Bildung, unterzeichnete eine entsprechende Beschaffungsordnung im Tagungszentrum Schmerlenbach. Zeitgleich erhielten Vertreter des Familienbildungshauses Sankt Michael in Bad Königshofen, der Benediktushöhe-Haus für soziale Bildung in Retzbach, des Jugendhauses Sankt Kilian in Miltenberg, des Tagungszentrums Schmerlenbach und des Würzburger Burkardushauses Abschlusszertifikate für die Teilnahme am Programm „Bio-Coaching“ des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg.
Dieses staatlich finanzierte Programm hat das Ziel, bis zum Jahr 2020 den Verbrauch von regionalen (Bio-)Lebensmitteln zu steigern. Domkapitular Gabel dankte allen am „Bio-Coaching“ sowie dem Erarbeiten der Beschaffungsordnung Beteiligten für die geleistete Arbeit. „Es ist gut und wichtig, dass die Kirche sich für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit einsetzt.“ Die Beschaffungsordnung sei letztlich nur eine Konkretisierung der 2009 von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in Kraft gesetzten Leitlinien zum Klima- und Umweltschutz im Bistum.
„Lassen wir uns nicht entmutigen von resistenten Bereichen in Kirche und Gesellschaft“, rief Gabel den Anwesenden zu. Kurzfristig zielt die Ordnung darauf, dass die Tagungshäuser noch in diesem Jahr den kompletten Bürobedarf, Kaffee, Tee und Orangensaft sowie die Textilreinigung auf ökofaire Beschaffung umstellen. Bis 2017 sollen der Bezug von Lebensmitteln, Strom und Blumen sowie die Bereiche Mobilität, und Veranstaltungen auf diese Kriterien hin abgeklopft sein. Langfristig sollen auch Büro- und Küchenausstattung sowie Hygieneartikel nach den Grundsätzen der Beschaffungsordnung gekauft werden.
Christine Zehnter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten berichtete davon, dass die Beschaffungsordnung der kirchlichen Tagungshäuser bei Gerald Düchs, Leiter der Fachabteilung Tagungshäuser des Bistums, bereits in Planung war. Daher sei das Angebot des „Bio-Coaching“ auf offene Ohren gestoßen. Von den diözesanen Häusern hätten sich fünf gemeldet und zwischen Oktober 2014 und April 2015 an insgesamt vier Treffen teilgenommen.
Praktische Tipps und Anregungen bekamen die Teilnehmer dabei von Coach Gilbert Bielen, der seit 2008 die komplette Verpflegung des Landshuter Kinderkrankenhauses Sankt Marien biologisch betreibt. „Es erfordert zwar eine Umstrukturierung der Küchenabläufe. Aber im Gegenzug haben Sie einen vielfachen Mehrwert: Sie bekommen schmackhafte Gerichte, die artgerecht, nachhaltig und ressourcenschonend hergestellt werden“, erklärte der Koch. Wie das in der Praxis aussehe, zeigte er an einem Beispiel auf: Er selbst beziehe für seine Einrichtung von dem Hof, der die Eier liefert, pro Jahr rund 350 Suppenhühner. Diese würden gekocht, um Suppe herzustellen, das Fleisch anschließend als Beilage beispielsweise für Salate genutzt und am Ende die Knochen für das Ansetzen von Soßen verwendet. „Damit kommen die Köche auch wieder als solche zur Geltung und sind nicht mehr lediglich Zubereiter von irgendwelchen Fertigprodukten.“
Was schon in den einzelnen Tagungshäusern umgestellt ist, erläuterten die Verantwortlichen: Im Tagungszentrum Schmerlenbach wird das Fleisch ausschließlich aus der Region bezogen, beim Fisch wird auf das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei geachtet, um zwei Beispiele zu nennen. Im Jugendhaus Sankt Kilian gibt es Backwaren vom Bio-Bäcker und in den Snackautomaten unter anderem biologische Knabbereien eines lokalen Herstellers. Die Benediktushöhe in Retzbach bezieht das Gemüse von einer Bio-Gärtnerei und achtet ansonsten auf den Bezug regionaler Produkte wie Nudeln aus dem Spessart. Im Familienbildungshaus in Bad Königshofen werden vegetarische Gerichte inzwischen immer frisch und aus regionalen Zutaten hergestellt statt wie früher Fertigbratlinge zu kaufen. Auch das Brot kommt von einem regionalen Bäcker, der ausschließlich Zutaten aus der Umgebung verwendet. Das
Haus Volkersberg, das aus Zeitgründen nicht am Coaching teilnehmen konnte, bezieht Getränke, Milchprodukte und Bio-Getreide für das Frischkornmüsli von regionalen Lieferanten.
Als wichtigen Zielpunkt, der zugleich auch ein Startsignal sei, wertete Frank Braun vom Eine-Welt-Netzwerk Bayern die Unterzeichnung der Beschaffungsordnung für die Tagungshäuser des Bistums.Der ehemalige Siemens-Manager hat sich inzwischen ganz dem fairen Handel und der Nachhaltigkeit verschrieben. „Bewahrung der Schöpfung ist sozusagen die DNA der Kirche“, sagte er und warb dafür, Schritt für Schritt das Handeln darauf hin umzustellen. „Lieber langsam, aber dafür konsequent.“ Das sei durchaus mit Aufwand verbunden und schrecke manche wegen vermeintlicher Mehrkosten ab. Wenn aber zum Beispiel bei einem Drucker nicht nur der Anschaffungspreis, sondern auch die Folgekosten und die Langlebigkeit in die Berechnungen mit einflössen, ergebe sich unterm Strich eine andere Rechnung.
Braun ermunterte, alle Veränderungen mit den Betroffenen zu besprechen und diesen auch Gelegenheit zu bieten, ihre Bedenken, aber auch ihre Anregungen einzubringen.
Pressestelle des Ordinariates Würzburg (POW), 22.04.2015